ADHS
Dass die hyperkinetische Störung, wie die ADHS noch heute im internationalen Diagnostik-System ICD-10 genannt wird, eine kinder- und jugendpsychiatrische Krankheit sei und dass das sogenannte "Zappelphilipp-Syndrom" sich im Jugend- oder spätestens im Erwachsenenalter auswachse, war bis vor etwa zehn Jahren nicht nur die öffentliche Meinung in Europa, sondern auch Ansicht von Experten. Mit Beginn des 21. Jahrhunderts ist aber auch in der Europäischen Fachwelt bekannt: Etwa 4 Prozent aller Erwachsenen sind betroffen.
Bei vielen Betroffenen wird die ADHS erst im Erwachsenenalter diagnostiziert. Die Patientinnen und Patienten, bei denen ADHS in der Kindheit festgestellt wurde, sind nur zu einem Drittel als Erwachsene symptomfrei. Ein weiteres Drittel behält das Vollbild der Erkrankung bis ins Erwachsenenalter, und das letzte Drittel leidet zumindest unter einigen der folgenden Symptome:
- Aufmerksamkeitsstörung: Die Betroffenen machen häufig Flüchtigkeitsfehler, haben Probleme, längere Zeit bei einer Sache zu bleiben, scheinen nicht richtig zuzuhören, wenn man mit ihnen spricht, führen Anweisungen oft nicht vollständig durch, haben Schwierigkeiten, ihre Aktivitäten zu organisieren, vermeiden länger andauernde Anstrengungen, verlieren, verlegen oder vergessen wichtige Dinge und lassen sich leicht ablenken.
- Hyperaktivität und Impulsivität: Die Betroffenen sind körperlich oder innerlich sehr unruhig, zappeln oder "hibbeln", können nicht lange sitzen, haben Probleme, sich ruhig zu verhalten, sind immer "auf Achse", reden oft sehr viel, platzen mit ihren Antworten heraus, bevor die Fragen zu Ende gestellt wurden, können kaum warten, bis sie an der Reihe sind und unterbrechen oder stören andere häufig.
Neben diesen Kernsymptomen stellen sich oft Schwierigkeiten ein durch ein cholerisches Temperament, eine Stressüberempfindlichkeit und Stimmungsschwankungen. Hauptsächlich werden ein "Mischtyp" mit sowohl Unaufmerksamkeits- als auch Hyperaktivitäts-/Impulsivitäts-Symptomen und ein "vorwiegend unaufmerksamer Typ" (von Laien nicht selten ADS genannt) der ADHS unterschieden. Jeder Mensch zeigt zumindest zeitweise einige der oben genannten Symptome. Die Diagnose einer ADHS (im Kindes-, Jugend- oder Erwachsenenalter) wird jedoch erst gestellt, wenn sehr viele dieser Merkmale über einen längeren Zeitraum vorhanden und sehr ausgeprägt sind. Die Störung muss im Grundschulalter begonnen haben und zu wesentlichen Beeinträchtigungen in mindestens zwei verschiedenen Lebensbereichen (z.B. am Arbeitsplatz und zu Hause) führen.